Vom Spielzeug zum Werkzeug: Augmented Reality in der Industrie

Verfasst von: PTC Blog Author
7/4/2019

Lesezeit: 4 Minuten

Augmented Reality, Mixed Reality, Virtual Reality, XR? Klar, dass das alles zukunftsweisende Technologien sind, aber wer behält da noch den Überblick? Höchste Zeit, ein bisschen Licht in den Dschungel der Realitäten zu bringen. Noch vielmehr soll in diesem Blogbeitrag auf die Frage eingegangen werden, wieso ausgerechnet Augmented Reality so viel Potential für Unternehmen bieten soll und in welchen Branchen und welchen Unternehmensfunktionen die Technologie Nutzen stiftet.

Das Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum

Bereits 1994 haben Milgram et al. ein sogenanntes Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum entwickelt, an welchem sich sehr gut erklären lässt, wo die reale Welt noch sie selbst ist, wo sie mit digitalen Informationen erweitert und wo gar durch eine komplett virtuelle Welt ersetzt wird.

Vereinfachtes Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum

Auf der linken Seite des (hier vereinfachten) Kontinuums befinden wir uns noch in einer Welt, wie wir sie mit dem bloßen Auge kennen, sehen und durch unsere Aktivitäten auch verändern können – der realen Umgebung (engl. Real Environment). Technisch ist es nun möglich, durch Kameras auf mobilen Endgeräten (Smartphone, Tablet) oder speziellen intelligenten Brillen (z.B. Microsoft HoloLens), diese Realität um digitale Informationen und interaktive Element anzureichern – ab diesem Moment befinden wir uns in der erweiterten, der Augmented Reality (AR). Gehen wir noch einen Schritt weiter, landen wir in der virtuellen Realität (engl. Virtual Reality (VR)). Hier befinden wir uns dann komplett in einer virtuellen Umgebung – das ist im Moment ausschließlich durch die Nutzung spezieller Brillen (z.B. Oculus Rift) oder brillenartiger Aufsätze für Smartphones (z.B. Google Cardboard) möglich. Alles was jetzt zwischen den beiden Enden des Kontinuums liegt, kann als Mixed Reality (MR) bezeichnet werden, wo die physische und virtuelle Welt miteinander verschmelzen.

Das Besondere an AR ist, dass die hinzugefügten digitalen Objekte an Ort und Stelle bleiben und eine Interaktion mit diesen stattfinden kann - auch wenn man sich bewegt, nach oben oder nach unten schaut. Bekannt geworden und auch noch immer groß im Einsatz sind diese Technologien im Gaming-Bereich (z.B. Pokémon Go) und man fragt sich anfangs gerne, welche Rolle solche „Animationen“ am Ende überhaupt im Unternehmen spielen sollen. Prozessverbesserung? Effizienzsteigerung? Kosteneinsparung? Tatsächlich leistet AR genau das.

Wie und wo Unternehmen mit AR ihre Effizienz steigern können

Zunächst einmal ist der Einsatz von AR grundsätzlich auf keine Branche oder Unternehmensfunktion beschränkt. Eingesetzt wird AR bereits in allen Branchen des verarbeitenden Gewerbes, kann aber auch hinsichtlich der Servicefunktion im Dienstleistungssektor eine Bereicherung für jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin darstellen – AR erleichtert und verbessert die Arbeit und steigert dadurch nicht nur die Effizienz, sondern auch die Zufriedenheit. Anwendungsfälle finden sich zudem entlang der kompletten Wertschöpfungskette – von der Eingangslogistik über die Produktentwicklung und Produktion, das Marketing und den Vertrieb, bis hin zur Wartung.

Sehen wir uns also ein paar konkrete Anwendungen an.

Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Augmented Reality

Eines der prominentesten Beispiele für AR in der Industrie stellt die klassische Schritt-für-Schritt Anleitung für Techniker dar, die eine Maschine warten oder reparieren sollen. Wenn sie in der Vergangenheit noch zur Bedienungsanleitung greifen mussten, können sie eine Maschine nun mithilfe eines Tablets und der ihnen eingeblendeten wichtigen Informationen bedeutend einfacher und schneller warten – mithilfe einer Brille sogar freihändig! Unternehmen können so ihre First-Time Fix Rate entscheidend steigern und Maschinenausfallzeiten reduzieren. Mittels einer intelligenten Brille, die Schritt-für-Schritt-Anweisungen im Blickfeld der Techniker anzeigt, können bis zu 50% der Zeit gespart werden, die erforderlich ist, um Probleme zu diagnostizieren und erforderliche Reparaturen durchzuführen.

Remote Assistance mit Augmented Reality (Vuforia Chalk)

In Punkto First-Time Fix Rate spielt AR auch bei der sogenannten Remote-Assistance eine große Rolle. Techniker oder Technikerinnen können aus der Ferne unterstützt werden und durch die präzise augmentierte Anzeige auf Maschinen genau wissen, was sie zu tun haben. Dafür brauchen sie selbst nicht einmal sehr erfahren zu sein. Bei KPN, einem europäischen Telekommunikationsdienstleister, verwenden Außendiensttechniker, die Reparaturen per Fernzugriff oder vor Ort durchführen, eine AR-Brille, um die Serviceverlaufsdaten, Diagnosedaten und standortbezogenen Informations-Dashboards eines Produkts anzuzeigen. Diese helfen ihnen dabei, bessere Entscheidungen zu treffen, was zu einer Reduzierung der gesamten Servicekosten um 11%, einer Verringerung der Arbeitsfehlerquote um 17% und einer höheren Reparaturqualität geführt hat.

An anderer Stelle der Wertschöpfungskette können Unternehmen auch im Vertrieb und Marketing AR nutzen, um Produkte zu präsentieren und somit ein besonderes Produkterlebnis zu schaffen. Hätten Sie zum Beispiel gedacht, dass Sie eines Tages mal eine fünf Tonnen schwere Maschine zu einem Kundentermin mitnehmen können, in welche der Kunde auch noch „eintauchen“ und jedes Detail genau begutachten kann? Und wenn es mal nicht mehr nur ein einziger Kunde, sondern Tausende auf einer Messe sein sollen, dann lassen sich durch den Einsatz von AR nicht nur Ausstellungsfläche und damit Kosten sparen, sondern man hat sein Produkt auch in sämtlichen Formen und Farben dabei. Alles was es dazu braucht: eine AR-Brille oder ein Tablet und die in der AR-Applikation integrierten CAD-Daten der Produkte. Und wenn diese CAD-Daten schon am Anfang der Wertschöpfungskette zur Verfügung stehen, umso besser. Dann lässt sich AR auch im Designprozess nutzen und ermöglicht durch den kollaborativen Charakter – Stichwort Remote – auch die dezentrale Zusammenarbeit an der Entwicklung von Produkten.

Eine branchenübergreifende Lösung für ein branchenübergreifendes Problem

Doch nicht nur auf der technischen Ebene stellt dieser Fortschritt eine besondere Verbesserung dar. AR ist ebenfalls eine branchenübergreifende Lösung für ein branchenübergreifendes Problem: den Fachkräftemangel. Mit dem Eintritt ins Rentenalter oder auch durch die Abwanderung von Personal zu Wettbewerbern verlässt auch immer auch eine Menge Knowhow das Unternehmen. Gleichzeitig rutscht zu wenig qualifiziertes junges Personal nach und für eine vernünftige Übergabe oder Schulungen stehen häufig zu wenige Ressourcen zur Verfügung. Kurz gesagt: das Wissen geht verloren. Mit AR hat sich nun eine einfache Lösung aufgetan, um dieses Wissen nicht nur zu bewahren, sondern auch den Wissenstransfer von der einen zur anderen Generation im Unternehmen erheblich zu erleichtern.

Welches AR-Tool für die eigenen Herausforderungen wählen?

Falls Sie dieser Beitrag darauf neugierig gemacht hat, ob AR auch eine wirtschaftliche Einsatzmöglichkeit in Ihrem eigenen Unternehmen bietet, können wir Ihnen den neuen AR Buyer's Guide empfehlen. Hier lassen sich alle relevanten Informationen einfach eintragen und am Ende wird Ihnen angezeigt, welche Wertschöpfung und Kosteneinsparung eine dem jeweiligen Problem entsprechende AR-Lösung ermöglicht. Das ist dann definitiv die anschaulichste Erklärung zur Anwendung von AR in Unternehmen.

Tags: Luft-/Raumfahrt und Verteidigung Elektronik und Hightech Automobil Maschinen- und Anlagenbau Life Sciences Erdöl und -gas Produkte für Einzelhandel und Konsumgüter Augmented Reality Industrial Internet of Things Digitale Transformation Industrie 4.0

Der Autor

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